Schwulenhass als konstitutives Element der Konstruktion von Männlichkeit
- marmelade schade

- 14. Nov. 2020
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Apr. 2021
Aus der Sicht und den Erfahrungen "eines Mannes":
Wir können davon aus gehen, dass die Pubertät eine wichtige Phase der Geschlechteridentitätsbildung ist. In dieser Phase werden aus Mädchen Frauen und aus Jungs Männer gemacht. Als wäre es nicht schon schlimm genug erwachsen zu werden.
So sehe ich dort eine Sache als zentral an.. Ein Mann sein heißt eben auch immer ein
heterosexueller Mann zu sein/ sein zu müssen. In der Mannwerdung wird sämtliches auf Männlichkeit überprüft. Körpersprache, Kleidung, Frisur, der Gang, die Sprache, der Geschmack.
Wer dort nicht den stumpfesten Männlichkeitsbildern entspricht ist kein Mann, sondern schwul.
Und schwul sein ist (im Ansehen der anderen) schlimm. Auf den Schulhöfen und anderen Lebensräumen ist es Standard als schwul beschimpft, verlacht, gemobbt zu werden wenn mann irgendwas nicht "richtig" macht.
Aus meiner Grundschulklasse leben inzwischen mehrere Männer offen schwul. Alle haben die Stadt
vorher verlassen. Offen homosexuell zu sein, ist vor dem Ende der Schulzeit scheinbar kaum möglich, auf jeden Fall nicht vor 2003 in der Kleinstadt . Männliche Identität in der Öffentlichkeit ist bis ins Erwachsenenalter zwangsheterosexuell. Im Prinzip scheint eine männliche Identität, wenn überhaupt, erst ab dem Erwachsenenalter , jenseits der ganz schlimmen Stereotypen möglich.
Männlickeitsprägung
Ein Ort besonders genuiner männlicher Sozialisation, sind die wo die Männer in spe unter sich sind. Jugendfeuerwehr, Pfadfinder, Sportvereine - dort werden Räume geschaffen die völlig frei von nicht-Männlichkeiten sind. Ein besonders plastisches Beispiel sind Umkleidekabinen und Duschen. In der Umkleidekabine zeigt sich wer viel von seinem Körper zeigt und wer nicht, wer guckt und wer guckt nicht. Wer sich der Situation ganz entzieht macht sich trotzdem verwundbar,
und muss sich u.U. Verklemmtheit und mangelnde Hygiene vorwerfen lassen.
Diese Pseudoargumente werden auch benutzt um die Jungs zum Gruppenduschen zu drängen.
Es ist doch sehr fraglich ob die Pubertät, wo körperliche und mentale Entwicklung bei einem selber
und im Vergleich zu anderen sehr stark divergieren, ein guter Zeitpunkt sind sich solchen Situationen auszusetzen. Viel wahrscheinlicher scheint dies als der (frühstmögliche) Zeitpunkt zum Zugriff auf den männschlichen Körper. Dies zeigt sich unter anderem auch in der Konstruktion von Herrentoiletten welche so konzipiert sind , dass der Blick auf die Scham frei ist.
Warum auch immer scheinen Klassen- und Teamkameraden, ggfs. sogar
Trainer und Lehrer einen Anspruch darauf zu haben einen nackt zu sehen.
Somit werden die Grenzen zu einem Körper überschritten noch bevor dieser sich entwickeln und
sich von dem Menschen dem er gehört angeeignet werden konnte. - Wenn mänsch derartige "Interaktionen" als Übergriffserfahrung versteht, stellt sich die Frage, welche Rolle diese Übergriffserfahrung bei der Ausbildung von Männlichkeit spielt. Sicher dürfte sein, dass Männlichkeit sich eben u.a. durch Übergriffigkeit auszeichnet und Übergriffserfahrungen als Täter und Opfer bereits in jungem Alter, konstitutiv daran beteiligt sind aus Jungs Männer zu machen.
Anmerkung: Dieser Text ist aus der beteiligten und betroffenen Perspektive einer männlich sozialisierten und sozialisierenden Person geschrieben.
In Gesprächen mit Frauen* über diese Erfahrungen wurde mir bewusst gemacht, dass Mädchen* und Frauen* ein noch weitaus größeres Ausmaß an geschlechtlichen Übergriffen erleben müssen. Dies soll mit diesem Text keines falls bestritten werden!



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